Mit der starken Botschaft des Respektsongs "Respekt, Respekt, dann bist du perfekt" eröffneten die Schülerinnen und Schüler der Oberschule an der Koblenzer Straße am Abend des 12. November 2025 die 28. Nacht der Jugend. Sie erinnert jedes Jahr rund um den 9. November mit zahlreichen Beiträgen von und mit Jugendlichen an die Novemberpogrome von 1938. In diesem Jahr unter dem Motto "We all need each other".
Bürgermeister Andreas Bovenschulte betonte: "Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus muss lebendig bleiben. Mit der Nacht der Jugend setzen wir ein Zeichen, dass sie nicht vergessen werden."
Teil des mehrstündigen vielfältigen Programms waren unter anderem eine jugendpolitische Debatte zum Wehrdienst und ein Theaterstück sowie eine Tanzperformance einer Jugendgruppe aus Bremens Partnerstadt Durban. Darüber hinaus gab es mehrere Infostände, Präsentationen, musikalische Darbietungen von verschiedenen Gruppen sowie zahlreiche Tanzaufführungen und eine Ausstellung.
In den Zeitzeugen-Gesprächen mit Kurt Tallert sowie Hermann Ernst und Marcus Reichert vom Bremer Sinti-Verein wurden die Verbrechen der Nazis und ihre Folgen greifbar. Tallert erinnerte an seinen von den Nazis als "Halbjude" verfolgten Vater; Ernst und Reichert berichteten von den Erfahrungen ihrer Familien während und nach der NS-Zeit.
Kurt Tallert ist ein deutscher Autor und Rapper, seit 2009 bekannt unter dem Künstlernamen Retrogott. Sein Vater Harry Tallert starb 1997, als er elf Jahre alt war. 2024 veröffentlichte er das Buch "Spur und Abweg" über die Verfolgungsgeschichte seiner Familie. Im Juli 2025 wurde der in Köln lebende Tallert für sein Buch mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet. Er belege in seinem Buch eindrucksvoll, dass das Vergangene nicht tot sei, es sei nicht einmal vergangen. Kurt Tallerts Vater Harry wurde als sogenannter "Halbjude" in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und zur Zwangsarbeit verpflichtet. Nach dem Krieg trat Harry Tallert 1953 in die SPD ein und war von 1955 bis 1965 Mitglied der Bremischen Bürgerschaft. Dem Deutschen Bundestag gehörte er von 1965 bis 1972 für den Wahlkreis Bremerhaven - Bremen-Nord an.
Hermann Ernst und Marcus Reichert vom Bremer Sinti-Verein berichteten von den Erfahrungen ihrer Familien während und nach der NS-Zeit und wie wichtig es ist, die Erinnerung daran wachzuhalten. Unter Befehl von Heinrich Himmler fand am 8. März 1943 vom Bremer Schlachthof aus die Deportation von 269 Sinti und Roma statt. Daran erinnert der Bremer Sinti Verein gemeinsam mit dem Arbeitskreis "Erinnern an den März 1943" jedes Jahr am 8. März. In ihrem Zeitzeugen-Gespräch wurde auch ein Film über den Warturmer Platz, auf dem zwischen 1955 und 1978 viele Sinti-Familien in Wohnwagen und Wohnbaracken untergebracht waren, gezeigt. Er veranschaulicht, wie auch nach der Nazi-Zeit die Diskriminierung von Sinti und Roma andauerte.
1998 fand im Rathaus die erste "Nacht der Jugend" zur Erinnerung an die Pogromnacht am 9. November 1938 und die danach folgenden Novemberpogrome statt. Sie will auf eine Weise, die junge Leute anspricht, die Erinnerung an begangenes Unrecht wachhalten und Anstöße geben für eine menschenfreundliche Gesellschaft. Hier begegnen sich Jung und Alt, Fremde und Einheimische, Arm und Reich.