Mit rund 350 Veranstaltungen in allen Bundesländern fand am 1. Juni 2025 der diesjährige UNESCO-Welterbetag statt. Das Motto: "Vermitteln, verbinden, begeistern." Sonderführungen, Ausstellungen, Konzerte und Mitmachaktionen lockten den ganzen Tag zehntausende Besucherinnen und Besucher an Deutschlands Welterbestätten. Fast alle Kultur- und Naturerbestätten, die in Deutschland den UNESCO-Titel tragen, beteiligten sich an dem Event. Das Bremer Welterbe Rathaus und Roland war natürlich mit dabei. Rund 800 interessierte Besucherinnen und Besucher nutzten den Tag und ließen sich in kostenlosen Touren durch den Regierungssitz der Freien Hansestadt Bremen führen – ermöglicht durch ein eingespieltes Teamwork der Senatskanzlei und den Guides von Bremen Tourismus.
In der Hansestadt ist der UNESCO-Welterbetag der Höhepunkt der Veranstaltungsreihe Bremer Welterbetage. Diese wurden am 28. Mai ganz traditionell von 400 Schulkindern und dem Bürgermeister mit dem gemeinsamen Mitsingfest "Bremen so frei – Ein Fest in 11 Liedern" eröffnet. Die Lieder erzählen von der bewegten Geschichte Bremens und Bremerhavens und widmen sich natürlich auch dem über 600 Jahre alten Rathaus und dem Roland als Freiheitsstaute des kleinsten Bundeslandes.
Der Refrain des Rathausliedes: "Fassade-Fassade-Fassade, alles nur Fassade. Leute, aber was für eine! Eine große! Keine kleine! Fassade-Fassade-Fassade, so eine schöne Fassade!"
Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte: "Die Bremerinnen und Bremer sind stolz auf ihr Rathaus und den Roland im Herzen unserer schönen Stadt. Beide sind UNESCO-Welterbe und zählen damit zum "Best of" der Weltgeschichte. Die Bremer Welterbetage leisten ein wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Vermittlungsauftrages der UNESCO und laden zur Entdeckungsreise ein."
Im Anschluss präsentierten die vier UNESCO-Projektschulen (drei aus Bremen, eine aus Bremerhaven) ihre Sicht auf das Thema Welterbe und Demokratie.
Ein weiteres Highlight war das Benefizkonzert "One Voice – Musik für Odessa", in dem am 28. Mai 2025 in der historischen Oberen Halle des Rathauses Spenden für eine Krankenstation in Bremens Partnerstadt gesammelt wurden. Beide Städte sind zusätzlich über die UNESCO miteinander verbunden: in der Hafenstadt am Schwarzen Meer steht die Altstadt unter Welterbeschutz. Das von der Senatskanzlei, dem Bremer Ratskeller und der Stiftung Solidarität Ukraine gemeinsam ausgerichtete und von Markus Riemann moderierte Benefizkonzert sorgte für eine musikalische Verbindung mit den Menschen in der von Russland angegriffenen Ukraine. Mit dabei waren unter anderem der Bremer Frauenchor GLORIA UA, ein aus der Ukraine live zugeschaltetes Ensemble, Rüdiger Linhof von den Sportfreunden Stiller, Musikerinnen und Musiker des Bremer Kaffeehausorchesters und die Deutsche Weinkönigin Charlotte Weihl. Bremens Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer beendete ihre Begrüßungsworte unter großem Applaus mit dem Gruß "Slava Ukraini" und verband damit ihre Hoffnung für die Menschen vor Ort und die Widerstandsfähigkeit demokratischer Gesellschaften in schwierigen Zeiten.
Aufgegriffen wurde das Thema auch in einem Public History Talk am 31. Mai im Bremer Rathaus. Studierende der Universität Bremen diskutierten mit Staatsarchivchef Dr. Konrad Elmshäusser und Senatorin a.D. Dr. Helga Trüpel – beide sind persönliche Mitgliedern der Deutschen UNESCO-Kommission – über den Schutz des Welterbes in kriegerischen Zeiten. Moderiert von Dr. Thekla Keuck von der Universität Bremen gingen die 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Frage nach, wie der solidarische Welterbegedanke an die junge Generation weitergetragen werden kann.
Ein neuer Weg in der Vermittlung des Welterbes wurde in einem gemeinsamen Projekt des Studiengangs Public History der Universität Bremen und der Senatskanzlei beschritten. Die Studierenden arbeiteten sich in mehreren Workshops durch die Geschichte des Hauses und präsentierten in der ausgebuchten Führung "Rathaus mal anders" zwölf ganz individuelle Eindrücke. Herausgekommen sind Stationen und Präsentationen, die zu weiteren Fragen anregen. Beispiel: warum haben die Männer eigentlich ein so deutliches "Übergewicht" in der Bildsprache innerhalb des Hauses?
Eine Teilnehmerin meldete sich im Anschluss via Email: "Ich möchte mich auf diesem Weg bei der Stadt und den Studierenden für diese interessante und erfrischende Art der Wissensvermittlung bedanken. Die Erläuterungen der Studierenden waren so nachhaltig, dass unglaublich vieles in meinem Gedächtnis haften blieb und einen Nachklang fand. Als Bremer-Neu-Bürgerin habe ich richtig Lust auf die Stadt und ihre kulturellen Möglichkeiten bekommen, vielen Dank dafür."
Verewigt wird die Führung nicht nur in den Erinnerungen der Teilnehmenden, sondern auch mit Fotos und Hintergrundinformationen in einem Kalender für das Jahr 2026. Für ihr erfolgreiches Projekt erhielten die Studierenden ein gemeinsames Zertifikat von Universität und Senatskanzlei, überreicht von Rathaus-Referatsleiter Peter Lohmann.
Zum Erfolgsrezept der Bremer Welterbetage gehören die unterschiedlichsten Akteure, die für ein abwechslungsreiches Programm stehen. Dazu zählen unter anderem die vier UNESCO-Projektschulen im Land Bremen, die direkt im Anschluss an die Eröffnung ihre Sicht auf das Welterbe zeigten. Auch das Europäische Hanse-Ensemble aus Lübeck ist seit Jahren Teil des Programms. In diesem Jahr betraten die jungen Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Professor Manfred Cordes Neuland und sorgten für den musikalischen Rahmen einer Kunstpause, in der Professor Konrad Elmshäuser die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einer Reise in die Zeit der Hanse mitnahm.
Von Anfang an dabei und eine tragende Säule im Programm ist der Bremer Ratskeller (Weinhandel seit 1405), der Weinkultur und Weltkultur verknüpft und zu Führungen und Weinproben mit der Deutschen Weinkönigin Charlotte Weihl und Bremens Ratskellermeister Frederik Janus eingeladen hatte.
Die "Weinkultur in Deutschland" wurde im Jahr 2021 von der Kulturministerkonferenz auf Empfehlung des Expertenkomitees der Deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Das Expertenkomitee würdigt damit die Weinkultur in Deutschland als offene, lebendige und wandlungsfähige Traditionspflege, die gesellschaftlich stark verankert ist. In der Begründung wird auch hervorgehoben, dass die Weinkultur in Deutschland soziale, handwerkliche, kulturlandschaftliche und sprachliche Aspekte sowie zahlreiche Feste und Bräuche beinhaltet. Insbesondere in den Weinanbauregionen selbst würde die Weinkultur den Lebensrhythmus vieler Menschen prägen und hätte damit oftmals eine lokale, identitätsstiftende Wirkung. Eine Wirkung, die sich auch in Bremen als bedeutender Stadt des Weinhandels spiegelt. Der Bremer Senatswein und der Bremer Weinberg an der Mosel stärken das Thema im Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Tatkräftige Unterstützung bekam das diesjährige Veranstaltungsprogramm auch vom Verein zur Förderung des Welterbes Rathaus und Roland in Bremen e.V., der unter anderem für eine informative Bollerwagentour rund um das Rathaus sorgte, Filmdokumente zeigte und in einem Vortrag über Bremen als City of Literature informierte. Passend dazu auch das Engagement der Bremer Stadtbibliothek, die einer Bücherbühne in der Zentralbibliothek ausgewählte Medien zum Themenbereich Welterbe, Kultur und Geschichte(n) in den Mittelpunkt rückte. Die Stadtbibliothek ist mit jährlich zweieinhalb Millionen Besuchen die besucherstärkste Kultureinrichtung Bremens und ein zentraler Ort in der bremischen Stadtgesellschaft. Sie ermöglicht Begegnungen zwischen Menschen unterschiedlicher Lebenswelten und Herkunft. Sie ist ein Ort des Lernens und der kulturellen Bildung – wichtig für alle Menschen, die sich aus einem öffentlich zugänglichen Medienangebot informieren und lebensbegleitend lernen möchten.
Der UNESCO-Welterbetag wird seit 2005 auf Initiative der Deutschen UNESCO-Kommission und des Vereins UNESCO-Welterbestätten Deutschland am ersten Sonntag im Juni begangen. In diesem Jahr stand er unter dem Motto "Vermitteln, verbinden, begeistern". Seit zwei Jahrzehnten bietet der Tag Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der UNESCO-Welterbestätten in Deutschland zu werfen und ihre Arbeit kennenzulernen. Er begeistert Menschen für die Ideen der UNESCO und trägt zum Verständnis für das Kultur- und Naturerbe unseres Planeten bei.
Die nächsten Bremer Welterbetage beginnen am 5. Juni 2026 und enden am UNESCO-Welterbetag, 7. Juni 2026.
1.223 UNESCO-Welterbestätten in 168 Ländern weltweit machen die Geschichte der Menschheit und des Planeten erlebbar. 54 von ihnen befinden sich in Deutschland. Welterbestätten sind Zeugnisse vergangener Kulturen, stehen für Ideengeschichte, für künstlerische Meisterwerke und einzigartige Naturlandschaften. Der Schutz und Erhalt dieser Stätten liegt in der Verantwortung der gesamten Weltgemeinschaft.
Das Rathaus und der Roland auf dem Marktplatz in Bremen sind gemeinsam im Juli 2004 in die Welterbeliste aufgenommen worden. Die UNESCO würdigt damit das Ensemble als "einzigartiges Zeugnis" für die Entwicklung von bürgerlicher Autonomie und Marktrechten, wie diese sich im Laufe von Jahrhunderten in Europa herausformten. Das Bremer Rathaus wurde in den Jahren 1405 bis 1409 erbaut. Es ist das einzige europäische Rathaus des Spätmittelalters, das nie zerstört wurde. Seit seiner Errichtung wurde das Rathaus kontinuierlich instandgesetzt und gewartet - eine Voraussetzung dafür, als Welterbe anerkannt zu werden. Das UNESCO-Komitee würdigt mit seiner Entscheidung darüber hinaus auch die Authentizität des Gebäudes. Dem Bremer Rathaus wird bescheinigt, dass es vom ersten gotischen Bau - einem so genannten Saalgeschossbau - Anfang des 15. Jahrhunderts über die umfangreiche Restaurierung zwei Jahrhunderte später bis hin zum Anbau des Neuen Rathauses zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Authentizität bewahrt hat.